Carneval Verein -Narrhalla- Winkel/Rheingau 1924 e.V.
29 | 04 | 2024
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Wie alle Karnevalsvereine musste auch der Carnevalverein Narrhalla Winkel (CVW) zwei Jahre lang auf die traditionellen Zutaten der Fasnacht verzichten. Keine Sitzungen, keine Umzüge, „zwei Jahr ohne Garde und Mutters Ballade“ klagte Sitzungspräsident Patrick Halbritter bei der Begrüßung des Publikums in der gut besetzten Brentanoscheune über Entzugserscheinungen. Online-Sitzungen und gestreamte Vorträge seien kein Ersatz, „als Präsi hab ich keine andere Wahl, Fassenacht ist für mich: mit Euch hier im Saal“, stellte er unter dem Beifall des Publikums fest. Im Saal war es da schon einmal richtig rundgegangen: ein ganzes Geschwader der jüngsten Aktiven stürmte den Saal, Johan Kampen, Frieda Kampen, Lina von der Weiden, Mila Saewert, Maya Saewert, Jule Schütze, Lina Schütze, Nele Schenke, Luise Eger, Juna Hofmann, Leonie Greifenstein, Samuel Busch, Emilia Busch, Mia Winkler, Katalea Wettstein, lnesa Wettstein, Sophia Charisse, Lilly Kirscher, Karolina Weiser, Emilia Carl, Finn Stuermer, Gwybevere Stuermer, Hannah Grande, Lou Rammersbach, Lily Fradgley, Mila Gebhard und Emilia Engel tanzten als „Spacekids“ nicht immer trittsicher, aber mit viel Engagement über die Bühne. Trainiert wurde die Dotzelgarde von Lea Steinheimer, Alina Ott und Jan Wahlen. Nach der Begrüßung durch den Präsidenten hatte die Nachwuchsgarde ihren Auftritt. Fiona Ankenbrand, Lynn Derstroff, Milena Leydecker, Rosalie Barske, Victoria Steinmetz, Paula Firle und Janine Schmidt tanzten im Aerobic-Outfit der 90iger Jahre. Einstudiert hatten den flotten Tanz Jessica Firle, Lena Krayer und Danny Scheer.

Nach so viel Musik und Tanz war es Zeit für den ersten Redner in der Bütt. Das ist in Winkel traditionell der Kanzler, der über viele Jahre von Michael Schäfer verkörpert wurde. Sein Nachfolger, der schon 2020 feststand, musste sich über die Corona-Pause hinweg gedulden: bevor er zu seinem Premieren-Auftritt kam. Den meisterte Matthias Reinhard aber souverän und glossierte dabei das Weltgeschehen ebenso wie lokale Begebenheiten. Den Querdenkern empfahl er, beim Querdenken das Denken nicht zu vergessen, Donald Trump wurde als Schwellkopp mit komischer Frisur bezeichnet, die Politik im Allgemeinen, das Gendern, die Reichsbürger, der Krieg in der Ukraine, alles wurde mit humorvoll-kritischen Versen bedacht. „Wem des nit passt, ob groß oder kloo - ich kann euch nur sage, gewöhnt euch dro" gab Matthias Reinhard dem närrischen Auditorium mit auf den Weg und vergaß auch nicht, die zahlreichen Aktivitäten des ersten Stadtrats Björn Sommer in den sozialen Medien anzumerken und dem langzeitkranken Bürgermeister Tenge gute Besserung zu wünschen.

Da hatte es der „Pfälzer Bauer“ Alfred Spieß im Anschluss schwer, das Publikum für seinen Bericht über einen Urlaub in Bayern zu begeistern. Das gelang ihm aber dann mit seinem Lied über eine gründlich misslungene Liebesaffäre – „Nix Amore“ sang der ganze Saal schließlich mit.

Das wahrscheinlich am längsten in Amt und Würden befindliche Kinderprinzenpaar des CVW hatte dann seinen traditionellen Auftritt. Wegen Corona war dessen Krönung beim Frühlingsfest auf dem Waldacker erfolgt, im Grußwort bei der Sitzung erwähnten Victoria Steinmetz und Joshua Lappas, dass sie inzwischen schon drei Kleidergrößen verwachsen hätten, das Amt aber trotzdem auch über die Jahre der erzwungenen Pause viel Spaß mache.

Dem Kinderprinzenpaar folgte der Auftritt von Tanzmariechen Aliyah Reinhard, die in der Tradition des Kölner Karnevals einen Soloauftritt hinlegte, vor dem man den Hut ziehen musste. Pauline Carius, selbst aktive Tänzerin beim CVW, hatte den Tanz mit ihr einstudiert.

Der Vizesitzungspräsident des CVW, Björn Sommer, berichtete dann über die enttäuschten Hoffnungen eines Ehemannes, der nach der Hochzeit - feststellen musste, dass es nichts war mit Schnitzel, Bratwurst und Rouladen, denn die Gattin stellte sich als Veganerin heraus. Auch der Nachwuchs stellte durchaus seine Ansprüche, die nicht immer mit den Vorstellungen übereinstimmten, die man sich vor der Hochzeit gemacht hatte. Angesichts des Charmes seiner Tochter zog Sommer aber doch ein versöhnliches Fazit und verabschiedete sich mit dem traditionellen Ruf „Mer freie uns!“, was das Publikum mit „Mer aach!“ beantwortete.

Mit etwas Wehmut verbunden war schließlich der Auftritt von Magda Miltner. Das Urgestein der Winkler Fastnacht verabschiedete sich nach 46 Jahren Bühnenpräsenz, die als Prinzessin in Geisenheim begonnen hatte und sie über die Auftritte beim CVW auch auf andere Bühnen führte, unter anderem zum Rheingauer Abend der regionalen Karnevalsvereine. 2003 war Magda Miltner Gründungsmitglied der Bobbe, für ihre Aktivitäten ist sie hochdekoriert, nicht nur als Ehrenmitglied und Ehren-Ur-Närrin des CVW, sondern auch mit der Anstecknadel mit Stein der Interessengemeinschaft mittelrheinischer Karneval. Mit Auszügen aus einigen ihrer Reden bewies Magda Miltner, welches Juwel der CVW in seinen Reihen hatte. Als „alt Bas“ hatte sie gereimt: „Wenn dich die böse Bube locke, bleib nit deham und strick ko Socke, denn irgendwann kriehn sie dich doch - un Stricke kannste immer noch!“. Als Frau Übbeldraa hatte sie von der Bank schriftlich, dass sie arm ist: „Mir ham de Kontoauszug an die Tür gehängt, do kimmt kon Eibrecher mehr!“. Und ihr deutlich älterer Mann habe das Autofahren aufgegeben, weil er in der letzten Zeit den Airbag öfter gesehen habe als seine Frau. Mit vielen Dankesworten vom Präsidenten und dem Vorsitzenden des CVW, Franz Georg Eger, bedacht, verabschiedete sich Magda Miltner aus der aktiven Fasnacht, die ihr immer Pflicht und Vergnügen zugleich gewesen sei.

Die „Weinträubcher“ Anna Muno, Chiara Denzer, Daniela Herke, Lisa Zimmer, Pauline Carius und Tanja Poetsch sorgten dann mit ihrem Gardetanz für Schwung auf der Bühne. Seit vielen Jahren ist Nicole lmmerheiser als Trainerin für die Garde verantwortlich, unterstützt wurde sie von Daniela Herke und Yvonne Scheer-Bouffier.

Ein besonderer Höhepunkt schien sich dann anzubahnen, denn Sitzungspräsident Patrick Halbritter kündigte mit Norbert Roth eine Größe der Mainzer Fernsehfasnacht an. Doch statt des wortgewaltigea Büttenredners kam seine Schwester Berta in die Bütt: „Wie es so is bei berühmte Leit, hot de Norbert heut koo Zeit“. In der Art des Vortrags stand Berta ihrem berühmten Bruder aber kaum nach, Marion Halbritter verkörperte die weibliche Version von Norbert Roth mit viel Einsatz und Humor und übte Kritik an den Casting-Shows: „die treffe kaum en Ton, vergewaltige des Mikrofon“, ein Malheur, das Marion Halbritter, deren „Qualitäten2 als Sängerin in Winkel berühmt-berüchtigt sind, nie und nimmer passieren würde. Am Ende kam sie zum Schluss: „viel Luftverännerung ist doch schädlich, drum bleibe im Land und nähre dich redlich!“.

Damit war die perfekte Überleitung zu Dieter Meisenzahl gefunden, der als Thermomix auf die Bühne kam. Auf die Melodie von „Eine neue Liebe, ist wie ein neues Leben“ sang er „jeder braucht en Thermomix, denn der kocht alles fix, morgens fang ich schon zu Kochen an und der Thermomix ist schuld daran, alles schmeckt so wunderbar, dass ich nichts übriglassen kann.“ Seiner musikalischen Aufforderung „Schenk Deiner Frau doch ab und zu ein paar Rosen“ ließ er dann seinen „Hit“ folgen und bald sang der ganze Saal mit: „Mir dabbe in de Dom und singe Halleluja, mir dabbe in de Dom, so wie de Papst in Rom“. Dermaßen gefordert waren alle froh, dass es in die Pause ging, um die Kräfte wieder zu sammeln. Nach 2 x 11 Minuten ging es weiter mit einem Showtanz, der zurück in die 80-ziger Jahre führte. Christina Charisse, Sandra Maus, Juana und Rhoda Mulz, Michele Greifenstein, Nicole Moschall, Yvonne Ankenbrand, Miryam Jendreizeck, Julia Kampen, Lea Steinheimer und Vanessa Saewert tanzten zur von Sandra Maus und Dominik Dorn zusammengestellten Musik, trainiert wurden die Damen von Christina Charisse. Anschließend trat der Präsident selbst in die Bütt und berichtete über das Leben eines Mathematikstudenten. Die Zahlenkünstler stehen im Ruf, schwierige Charaktere zu sein, sie gelten schon als extrovertiert, wenn sie bei einem Gespräch auf die Schuhspitzen schauen. Aber womit niemand gerechnet hatte: das Studium hat trotzdem Spaß gemacht und alles ist lange nicht so extrem wie man sich das so vorstellt, was sich ja auch daran festmacht, dass Patrick Halbritter, selbst studierter Mathematiker, mit viel Humor einen ganzen Abend auf der Bühne verbringt.

Der „Rheingauer Bub" Franz Georg Eger, der in der Vergangenheit meist als Feuerwehrmann aufgetreten war, hatte sich auf seine musikalischen Wurzeln besonnen und ein Lied auf seine Heimat komponiert, das für viel Beifall sorgte. Danach gab es wieder einen Tanz zu bestaunen, dieses Mal aber nicht von einer vereinseigenen Gruppe, sondern von der Wiesbadener Prinzengarde, die zu einem Gastauftritt angereist war. Anette und Maurice Brandstätter lieferten sich dann ein Zwiegespräch, bevor die „Weinträubcher“ mit einem weiteren Showtanz für Furore sorgten. Ein eingespieltes Duo sind mittlerweile Matthias Reinhard und Nils Carius, die dieses Jahr als Ärzte auf die närrische Bühne kamen und für Lachtränen sorgten.

Trotz des schlechten Abschneidens der DFB-Elf bei der WM in Katar bewarb sich dann der Familien-Clan Halbritter / lmmerheiser um die Ausrichtung der Fußball-WM. Winkel wurde als weltoffene Stadt vorgestellt, die nicht nur für die One Love-Bewegung Sympathie habe, sondern auch für andere diskriminierte Gruppen in der Gesellschaft: auch für die vielgescholtenen Lehrer und sogar für Oestricher hatte das Bewerbungsteam eine Binde entworfen. Mit dem in der Brentanoscheune wohlbekannten Lied ,,Kommt nach Winkel" wurde die Bewerbung für das tolerante Städtchen untermauert.

Die gewichtigste Tanzgruppe des CVW nahm zum Abschluss des Programms die Bühne in Beschlag. Das Männerballett tanzte zu „Wir sind Dorfkinder“ einen flotten Tanz, den Nils Carius, Markus Stoll, Mathias Reinhard, Reiner Firle, Sascha Saewert, Jörg Greifenstein, Andi Jendreizeck, Danny Scheer, Jan Wahlen und Franz Georg Eger zur Choreografie von Michelle Greifenstein und Pauline Carius auf die Bühne brachten. Mit dem Schlusswort von Sitzungspräsident Patrick Halbritter und den beiden Schlussliedern endete eine furiose Sitzung, die für vieles in der Corona­Pause entschädigte. Dabei galt wieder das Motto „Allez Hopp, spuck em Deibel uff de Kopp, lass die Sorgen Sorgen sein“ und Patrick Halbritter konnte sich wieder an Mutters Balladen erfreuen, die er zum Beginn der Sitzung noch schmerzlich vermisst hatte.

Voller Vorfreude präsentierte sich der Elferrat auf der Bühne der Brentanoscheune.
Das Kinderprinzenpaar begrüßte die Narrenschar.
Als „Vertretung“ stand Berta (Marion Halbritter) ihrem wortgewaltigen „Bruder“ Norbert Roth kaum nach.
Abschied nach 46 Jahren Bühnenpräsenz: Magda Miltner, Urgestein der Winkler Fasnacht.
Voller Vorfreude präsentierte sich der Elferrat auf der Bühne der Brentanoscheune.
Das Kinderprinzenpaar begrüßte die Narrenschar.
Als „Vertretung“ stand Berta (Marion Halbritter) ihrem wortgewaltigen „Bruder“ Norbert Roth kaum nach.
  
  
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Jonas Grom
Rheingau Echo
Sabine Fladung
Wiesbadener Kurier
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